Do Khyi Maxes Blog

Unser Ziel. Verstehen und Erhalt einer Hunderasse. Der Umgang mit einem Hund tut dem Menschen gut. Wenn der Hund gesund sein kann und einen passenden Halter findet

Donnerstag, 4. März 2010

Do Khyi Maerchenstunde

Tibetische Märchen und Legenden und der tibetische Hund darin

Wir haben versucht möglichst alle schriftlichen Aufzeichnungen tibetischer Märchen, Legenden und Volkserzählungen zu sammeln. Darin haben wir auch etwas zum tibetischen Hund gefunden. Auch der Do-Khyi direkt findet in einem langen Märchen eine kurze, direkte Erwähnung...

Insgesamt aber findet man für die schön zu lesenden und überall verbreiteten "kleinen Geschichtlein", - welche man sonst im Internet auf manchen Verkaufsseiten abgebildet finden kann, - in den tibetischen Volkserzählungen keine schriftliche Entsprechung.
Wie alle Volkserzählungen, auch die bei uns im Europäischen, sind in den den erzählten Märchen, Legenden und Erzählungen des tibetischen Volkes Parabeln - also Verhaltensweisen, das Gut und Böse, das Lehren des besseren Verhaltens, Lebenserfahrung zu finden:
Ein guter Wachhund sollte gelbe Augenbrauen haben.
Ein Mädchen, das heiraten möchte, sollte Türkise und Korallen tragen.

Solche Volksweisheiten kennt man also in Tibet und derartiges kennt man auch bei uns:

Einem geschenktem Gaul, schaut man nicht ins Maul

Schriftlich festgehaltene Märchen und Legenden, welche tatsächlich aus der tibetischen Bevölkerung stammen und nicht Erfindungen der Neuzeit zum Verkauf von tibetischen Hunden sind, lassen Einblick nehmen in die reichhaltige Märchenwelt Tibets seit gut 2000 Jahren und zeigen die Entwicklungsströme. Einerseits von der autochthonen Naturreligion (daher der geliehene Begriff) mit ihren Schamanentum und Geisterglauben, andererseits aus dem aus Indien gekommenen tantrischen Buddhismus.
Beide Richtungen gingen in Tibet eine sehr interessante Synthese ein, welche zur Entstehung unzähliger Tiermärchen beitrug, zumal der Erleuchtete vor seiner Inkarnation als Buddha nach eigenener Aussage mehrfach in Tiergestalt auf Erden verkörpert war.
Wir sollten also darauf acht haben wie wir mit unseren Mitgeschöpfen umgehen!
 - das wollen tibetische Märchen den Menschen lehren.

Kommen Tiere in tibetischen Märchen vor ist es sehr schön möglich Einblick zu nehmen in deren Eigenschafen, deren Verhaltensweisen, deren Fähigkeiten welche ihnen von der tibetischen Bevölkerung nachgesagt werden und worauf in Tibet geachtet wurde...

Die Kuh mit den Hörnern aus Perlmutt
In der Nähe eines kleinen Flusses lebte einmal eine Familie, die nur eine Kuh besaß, aber diese war eine ganz besondere Kuh, denn sie hatte Hörner aus reinem Perlmutt.
Eines Tages war die Kuh zum größten Erstaunen der Familie verschwunden. Man suchte überall, aber man fand sie nicht. In dieser Familie gab es drei Töchter, die noch nicht ganz erwachsen, aber doch schon recht selbständig waren. Jedes der drei Mädchen ging nun für sich allein auf die Suche nach der Kuh, denn jedes wollte den Eltern mit der freudigen Nachricht dann überraschen, wenn es die Kuh finden und zurück bringen könnte.
Die älteste Tochter machte sich gleich auf den Weg zu dem nahe gelegenen Fluss, traf dort eine alte Frau und fragte diese, ob sie eine allein umherirrende Kuh gesehen hätte.
"Und wie sieht die Kuh denn aus?" fragte die Alte.

Da beschrieb das Mädchen ganz genau die seltene Kuh mit den schimmernden Hörnern aus Perlmutt. Die Alte sagte, dass sie eine solche Kuh nicht gesehen hätte, aber es sei ja möglich, dass sie über den Fluß geschwommen sei und vielleicht in den jenseitigen Uferauen weide.
"Komm mit mir!" sagte die Alte, "mein Haus liegt da drüben über dem Fluss, vielleicht finden wir dort die Kuh."
Die älteste Tochter ging mit der Alten, und als sie beide deren Haus erreichten, lud diese sie auch noch zum Essen ein. Die Alte setzte dem Mädchen gut gewürztes Fleisch in einer schönen silbernen Schüssel vor.
Das Mädchen langte kräftig zu, wusste aber nicht, dass die Alte ihr Menschenfleisch vorgesetzt hatte. Bald danach kam auch die zweite Tochter an das Flussufer....

Nun wir wissen schon aus unseren eigenen Märchen wie die Geschichte weiter geht, also kommt dann die zweite und zum Schluss die dritte, jüngste Tocher:

Das Mädchen sah sich gewissenhaft um und bemerkte, dass die Wohnung sehr schäbig war und viele Dinge fehlten, die man sonst in einem Hause anzutreffen pflegt. Da stand nicht einmal der große Teekessel auf dem Herd...  und es war nicht der allerkleinste Hausaltar in der Ecke zu sehen...

...Die jüngste Tocher begann zu essen, bemerkte aber gleich, dass das Fleisch einen ganz eigenartigen Geschmack hatte. Als die Alte in den Garten ging, um Feuerholz zu holen, da machte sich in der Ecke ein kleiner. magerer Hund bemerkbar, der schnell zu dem Mädchen herankam und mit leiser, aber menschlicher Stimme um einen Bissen bat. "Wenn du mir den Rest von deinem Mahl überlässt, sage ich auch, wo die verschwundene Kuh geblieben ist", raunte ihr der Hund ins Ohr, als sich das Mädchen zu ihm herunter beugte.
Schnell stellte sie ihm die ganze Schüssel mit dem Fleisch auf den Boden und der Hund begann hastig zu fressen.
Als er die Silberschüssel leer gefressen hatte, verriet er dem Mädchen, dass hinter der Tür gegenüber nicht nur die gesuchte Kuh, sondern auch die beiden Schwestern eingesperrt seien.
Die jüngste Tochter wollte das erst gar nicht für möglich halten, aber der Hund fuhr fort: "Die Alte ist eine Hexe, sie ernährt sich von Menschenfleisch und will auch dich in ihrem bauchigem schwarzen Kessel zubereiten."
Das Mädchen erschrak wie es noch nie zuvor im Leben erschrocken war. Die Stimme des Hundes war so freundlich, sein Wesen so zutraulich, dass sie Vertrauen zu ihm fasste und eilends fragte: "Was kann ich bloß tun, wenn die Alte sogleich hereinkommt?"
"Du musst sie sofort töten, sonst bist du verloren und mit dir deine Schwestern und die Kuh!", sagte mit fester Stimme der Hund. Schnell ergriff die Schwester ein großes Messer, das neben dem Kessel lag, und versteckte sich hinter der Tür. Als die Hexe hereinkam, packte die jüngste Tochter sie bei den langen, strähnigen Haaren und schnitt ihr die Kehle durch. Die Hexe sank leblos zu Boden. Nun versuchte die Tochter sofort die Gefangenen zu befreien, aber die Türe war so fest verschlossen, dass sie zuletzt hilflos die Arme sinken ließ.
Da kam ihr wieder der Hund zu Hilfe, er schnupperte an einer der Schürzentaschen der Hexe herum und zog schließlich den Schlüssel zur Tür daraus hervor. Als die jüngste Tochter die Türe aufschloß, fielen ihr die beiden Schwestern, weinend vor Freude, um den Hals. Die Kuh wurde ebenfalls befreit.

Nun folgt noch das Finden von Gold und Edelsteinen und der Weg nach Hause...
Der hilfreiche Hund durfte ebenfalls mit ihnen nach Hause und wurde ihr guter Freund. Nun brauchen sie keine Sorge mehr zu haben, dass sich die Kuh mit den Hörnern aus Perlmutt wieder verlaufen könnte, denn der Hund passte jetzt auf und war bald zu einem treuen Hüter des Hauses geworden.

Was sagt das über den Hund in Tibet aus? Wie oben die Volksweisheit vom doppelten Auge eines guten Wachhundes und das Märchen andeutet sieht der Hund mehr.als wir!  Er ist in der Lage hinter "die Verstellung" zu blicken durch seine Instinkte. Darauf hat man seit jeher in Tibet geachtet. Menschen welche fähig sind darauf zu achten, solchen zeigt und deutet  der Hund Gefahren an. Wer den Hund als ein ebenbürtiges Mitgeschöpf achtet dem wird er seine Hilfe schenken. Der Hund "spricht" auf einer Ebene mit dem Menschen. Wer den Hund ernst nimmt, kann andere Menschen und böse Geister - also böse Naturgewalten, Beutegreifer, deren Absichten deuten!
Unsere Hunde sind ernst zu nehmende Wegbegleiter welche uns helfen, -wenn wir ihnen vertrauen, sicher durch das Leben zu kommen...

Aus der Sicht der tibetischen Nomaden, welche ja in diesem Märchen dargestellt werden, ist die Parabel einfach:
Was nützt dem Menschen eine besondere Kuh (oder viele Kühe) wenn er sich auf der Suche nach ihr in lebensbedrohende Situationen begibt, welche er nicht ahnen kann, wenn er darin ums Leben kommt?
Von daher ist dieses Märchen auch eine Volksweisheit wie der Hund zu den Vieh haltenden Nomaden kam. Schon alleine die letzte zitierte Passage des Textes sagt es aus. "Der Hund passte jetzt auf," und es war nicht mehr notwendig sich durch Naturgewalten, bösen Geistern (Hexen) und Menschen mit unguten Absichten in Lebensgefahr zu bringen. "Und bald war der Hund zu einem treuen Hüter des Hauses geworden".

Damit konnte der Mensch zu einem Viehzüchter werden...

Wer sagt es denn? Wir sollten wesentlich früher auf die Stimme unserer Hunde vertrauen. Aber wie gehen wir heute mit dem Mitgeschöpf Hund, mit allen Mitgeschöpfen um?

@tibimaxe.de

Quellen:
Josef Guter, Tibetische Märchen, Fischer Verlag
Corneille Jest, Karma, der Geschichtenerzähler, Benzinger Verlag